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Nanni, Kilian und Balou unterwegs in Kanada.


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7.-13. Juli - Dempster Highway: 

750 km Schotterstraße über den Polarkreis nach Inuvik

Rund 550 Kilometer über Berge und Täler, dann 200 Kilometer durchs Delta des Mackenzieflusses, dazwischen 2 Ortschaften und eine Raststätte. Das ist, kurz beschrieben, der Dempster Highway.
Mehr als 30 oder vielleicht 40 Autos am Tag haben wir nicht gesehen. Statt dessen viel Landschaft, viel Mitternachtssonne und, last not least, Moskitos.

Die ständige Helligkeit hat unseren Tagesrythmus ziemlich durcheinandergebracht. Wir gehen nachts um 3 ins Bett und stehen spät auf. Aber das kommt gelegen, sonst hätten wir ja nichts von der Mitternachtssonne.


Irgendwo auf den ersten 100 Kilometern des Dempster Highways


Direkt neben der Straße stehen 2 Elchmamis mit 3 Jungen im Wasser und futtern. Da erboste Elche mehr Menschen auf dem Gewissen haben als Bären, bleiben wir vorsichtshalber im bzw. auf dem Auto.


Mal wieder ein See, ein bisschen Regenbogenansatz rechts im Bild und ein endloser Blick in die Ferne.



Wollgras

Two-Moose-Lake (Zwei-Elche-See): die dunklen Flecken auf dem Wasser sind 2 Elche, die bis zum Bauch im Wasser stehen und, den Kopf meist unten, Wasserpflanzen futtern. 



gegen Mitternacht: Blick von unserem Schlafplatz


Rabatz zum Sonnenuntergang morgens um halb zwei: Mit Gebell, Gehämmer und lautem Gefauche...


...wird darum gestritten, wem die Schläuche im Auto gehören



Am nächsten Mittag, kurz vor dem Polarkreis, gibt es eine Zwangspause an der Raststätte Eagle Plains: Der Wald brennt. Ein einzelner Feuerwehrmann ist unterwegs und sondiert die Lage. Wir warten, bis er uns das Signal zum Weiterfahren gibt. Wir sollen langsam fahren, da heftiger Rauch die Sicht blockiert.
 


Die Bilder vom heftigen Rauch sind leider nichts geworden, man sieht nur dunkelgrau. Hier ein Bild ohne heftigen Rauch.




Waldbrände gehören im Norden zum natürlichen Lebenskreislauf. Jedes Jahr verursachen zahllose Blitzeinschläge neue Feuer. Sie werden normalerweise nicht gelöscht, sondern gehen von selbst wieder aus. Nach dem Brand ist das leuchtendviolette Fireweed ("Feuerkraut") die erste Pflanze, die wieder wächst. Manche Nadelbäume sind vom Feuer abhängig: Die Zapfen öffnen sich erst, wenn die Feuerhitze darübergegangen ist.


Hurra, wir haben es bis zur Mitternachtssonne geschafft! So sieht der Polarkreis am Dempster Highway aus.
(Natürlich gibt es auch ein Schild, vor dem man sich gegenseitig fotografiert)



Diese Hühnervögel am Straßenrand hören im Englischen auf den schönen Namen Ptarmigan, zu deutsch Alpenschneehuhn. Irgendwo auf dem Bild haben sie noch 6 tarnfarbene Küken versteckt.


Diesen Strassenbelag nennt man hier Schotter. Glück, wenn`s rund ist. Meistens sind es statt dessen extrem scharfkantige schmale Steine, die sich auch bei uns durch einen Reifen gebohrt haben. Reifenhändler am Dempster Highway zu sein, ist sicher lukrativer, als Gold zu schürfen.


Kilometer 538, gegen 23 Uhr: Die kleine Seilfähre bringt uns über den Peel River. Nun sind wir von den Bergen herunter und fahren zum Delta des Mackenzie Rivers. Wir möchten im Schein der Mitternachtssonne durchfahren bis Inuvik.



Viele Bäume in der Tundra haben leichte Schräglage. Das liegt nicht am Alkohol, sondern am Permafrostboden: Bis zu 300 Meter tief ist der Boden entlang des Dempster durchgefroren. Sommers tauen die obersten 2 Meter auf. Das Wasser kann nicht abfließen, und so verwandelt sich der Boden in einen schwabbeligen, nassen Schwamm, auf dem sich Bäume (und auch Häuser) nirgends anständig festhalten können.

 
Irgendwo auf der schnurgeraden Straße trampt eine vermummte, umschwärmte Gestalt. Wir halten an und lassen Mensch und Moskitoschwarm einsteigen. Die nächsten Kilometer sind etwas hektisch, bis wir die Anzahl der Fahrgäste drastisch reduziert haben.
Cozey, unser Tramper, ist ein fröhlicher 29jähriger Einheimischer aus Inuvik, der gerne und viel erzählt. Er ist Waise, wurde von Onkel und Tante in Inuvik großgezogen, und wohnt noch bei ihnen. Sie sind Mitglieder der Pentecostal Church, die Tante ist im lokalen Frauenhaus und im Gospelchor engagiert, der Onkel arbeitet als Techniker im Krankenhaus. Für Cozey hatte der Onkel einen Job bei einer Straßenbaufirma besorgt, aber Cozey hat es nur 3 Tage ausgehalten und ist nun auf dem Heimweg. Er hat einen Sohn von einer Ex-Freundin, die noch mehr Kinder hat. Eigentlich liebt er die Mutter seines Sohnes, wenn sie nur nicht immer Geld von ihm wollte... Er schwärmt von der Jagd auf Karibus, Wale und der Fuchsjagd im Winter mit Motorschlitten. Wie alle Angehörigen der "First Nations", wie die Ureinwohner hier heißen, hat er eine "General Hunting License". Damit darf er jagen, was und wann er will.
Die riesige Landfläche ist unter den verschiedenen Volksstämmen aufgeteilt und man sollte meinen, es sei genug Platz für alle. Trotzdem scheint es eine Art Sport zu sein, auf fremden Landstücken zu jagen, was immer wieder zu Reibereien führt, besonders zwischen Eskimos und Indianern. Alkohol scheint öfters im Spiel.Cozey erzählt, dass er schon etliche Stunden Sozialarbeit leisten musste, weil er betrunken Unfug machte. Aber das sei Vergangenheit, meint er. 



Kilometer 608: Die zweite Fähre über den Mackenzie River ist deutlich größer.


Morgens um halb zwei: Willkommen in Inuvik! (3.296 Einwohner)



Hier vor dem Besucherzentrum wird noch gefeiert, im Vordergrund unser Mitfahrer. Alle begrüßen uns freundlich. Nur zwei der jungen Einheimischen haben gesunde Zähne. Die anderen haben braune Stummel, etliche Schneidezähne fehlen.

Cozey macht mit uns noch eine Stadtrundfahrt und zeigt uns alle wichtigen Sehenswürdigkeiten. Danach lädt er uns zu sich nach Hause ein.
Wir können uns nicht recht vorstellen, daß nachts um drei Onkel und Tante erfreut über Besuch sind, geben ihn samt Gepäck an der Haustür ab und stellen uns auf den Campingplatz.


Am nächsten Tag drehen wir noch eine Runde durch Inuvik: 


Damit die Häuser nicht wie die Bäume in Schräglage kommen, müssen die Fundamente bis in den Permafrostboden gebohrt werden. Damit das warme Haus nicht den Boden auftaut und dann umfällt, stellt man es auf Stelzen.


Inuviks katholische "Iglukirche", wohl das einzig wirklich interessante Fotomotiv.
 
Und da es in Inuvik 30 Grad heiss ist und der einzige Schatten von den Schwärmen von Roßbremsen kommt, die hier die Gegend unsicher machen, fahren wir nachmittags wieder Richtung Süden, zurück in die kühleren Berge.



Zurück bei km 460, abends auf den Bergen: Wir stellen uns auf einen Parkplatz. Die einzigen Nachbarn sind eine neugierige Kolonie von Murmeltieren (und natürlich Moskitos). 



Mitternachtsspaziergang auf den Berg. Im Spätjahr ziehen hier riesige Karibuherden nach Süden zum Überwintern, und kommen im Frühkahr wieder zurück.
Wir finden einige schöne abgeworfene Geweihe. Um sie behalten zu dürfen, muss man sie bei der Behörde melden, die dann eine Erlaubnis ausstellt. Mal sehen, was das zuständige Museum in Dawson zu unsren Funden meint.  



Kilometer 107, Blackstone River: auf 1000 Höhenmetern finden wir diesen luxuriösen Parkplatz mit fließend Wasser (Bach), Badezimmer (identisches Doppelmodell wie am Polarkreis) und fast ohne Moskitos! Hier erholen wir uns 2 Tage, bevor wir uns in das Nachtleben von Dawson City stürzen.

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